Left, Right
This work is composed of two books. The one with an arrow pointing to the right on the cover contains photographs of women and men during the period of the Republic of China government, from 1912 to 1949; the one with an arrow pointing to the left presents those taken from 1949 to 1978, since the founding of the People’s Republic of China to the reform and opening up of the country. Those portraits were selected by me from nearly 600,000 photographs and divided chronologically according to people’s clothing, makeup, and the text on the backs of the photos. The pictures with the same page number on the opposite sides are a pair. The comparison and contrast of the two books display the changes in the appearance of women and men as mapped by the different social systems and ideologies of the two periods.
Bildautor*innen: Cai Dongdong
Gestaltung: Cai Dongdong, Wang Lisa
Herausgeber*innen: Cai Dongdong
Verlag: Self-publishing
Verlag Bestell-Link: Left, Right
Laudation von Alexa Becker
Kunsthistorikerin, Fotobuchexpertin und freie Beraterin für Fotograf*innen, Heidelberg
Dem in Berlin lebenden Künstler- Fotografen Cai Dongdong ist mit Left, Right ein kleines Buch mit einer großen Wirkung gelungen. Es gehört zu jenen Werken, die man sich erst einmal erarbeiten muss.
Für dieses Projekt greift Dongdong auf ein beeindruckendes Archiv von rund 600.000 anonymen Fotografien zurück. Genaugenommen handelt es sich um Passfotos, die für offizielle Zwecke der Identifikation und Dokumentation entstanden sind.
Aus diesem Material wählt er Porträts von Frauen und Männern aus zwei historischen Epochen: Auf der linken Seite sind Aufnahmen aus der Republik China zwischen 1912 und 1949, auf der rechten jene aus der Volksrepublik China zwischen 1949 und 1978 zu sehen.
Cai Dongdong stellt Personen ähnlichen Alters, mit vergleichbarer Gesichtsform und Haltung einander gegenüber. Und doch lassen sich in Haartracht, Kleidung, Ausdruck und Haltung feine Unterschiede erkennen. Ohne digitale Manipulation oder andere Kunstgriffe entsteht ein stiller Dialog zwischen zwei Menschen aus verschiedenen Epochen, zwischen zwei politischen Systemen und gesellschaftlichen Ordnungen.
Seit Jahren beschäftigt sich Dongdongs Werk mit der Frage, wie Fotografie ideologisch geprägt wird. Left, Right zeigt, wie stark staatliche Politik Spuren im Privaten hinterlässt - und gleichzeitig, wie viel Menschliches in all diesen Bildern unverändert bleibt. Zwischen Systemwechseln und politischen Umbrüchen erkennen wir Kontinuitäten von Hoffnung, Verletzlichkeit und Würde.
Die physische Form des Buches ist dabei zentral: Left, Right ist als eine Art Zwillingsbuch gestaltet - zwei Bücher werden von einem Einband umhüllt und zusammengehalten. Um die Gegenüberstellungen der Gezeigten wirklich zu erleben, sieht man sich gezwungen, mit beiden Händen gleichzeitig zu blättern, ganz gegen unsere Gewohnheit. Dieses notwendige, synchrone Blättern zwingt uns gleichsam in eine bewusste, konzentrierte Betrachtung. Geschichte wird hier rein visuell - dialogisch erfahrbar.
Der Umschlag aus feinem, anthrazitfarbenem Leinen weckt durch seine Haptik Assoziationen mit der Kleidung der Gezeigten. Die Passfotos sind im Originalformat abgedruckt, auf dünnem, elfenbeinfarbenem Papier. Die Zartheit der Seiten lässt uns langsamer, vorsichtiger blättern - hat man doch das Gefühl, Menschen zu begegnen, die aus der Masse der Anonymität behutsam hervorgeholt wurden.
Left, Right zeigt auf prägnante Weise, wie sich gesellschaftliche und politische Veränderungen in einem standardisierten Bildtyp niederschlagen. Es ist ein konzentriertes, klug konzipiertes Buch, das unsere Wahrnehmung schärft und einen vertrauten Bildgegenstand neu öffnet.


